Im Hof der Hafenstraße 76
I: Was haben Sie denn bis jetzt von der documenta gesehen, und was ist an Eindrücken geblieben?
F: Wie gesagt, ich war heute zum ersten Mal da, und es wird auch zum letzten Mal sein. Ich war in der [St.] Kunigundis-Kirche, wie hieß das denn noch, wo die großflächigen … ach, im Ostbad [Hallenbad Ost], und jetzt hier. Dann in dem einen Garten, da in dem Zentrum, ich kenne mich leider mit den Namen in Kassel nicht aus, und da die Skulptur über die Stoffe, über den Kleidertransport, die akustische Installation im Park habe ich mir angehört. Was der Natur entnommen wird, wie es dann deformiert wird, und wie es die Natur sich hinterher wieder zurückholt. Ja, das waren so die … die wichtigsten Sachen.
I: Gibt es denn so ein Gesamteindruck, der sich daraus gefestigt hat?
F: Es ist von der politischen Aussage her sehr eindeutig, es wird ganz viel aus dem globalen Kontext dargestellt, geschildert, demonstriert. Da ist für mich die Message sehr eindeutig. Da geht es für mich eher um die Frage: OK, spricht das Format mich an, das jeweilige, ja oder nein. Und wenn ich jetzt beim Hallenbad Ost bin, da finde ich gerade, weil es ja so großformatige Bilder sind, finde ich es aus der Distanz heraus sehr beeindruckend, auch diese mehrschichtige Perspektive, dass sie viele großflächige Formate von allen Seiten immer betrachtet werden können. Das finde ich sehr interessant gemacht, so stilistisch. Gleichzeitig merke ich: Je dichter ich drangehe, umso mehr erschreckt es mich. Da ist dann so viel drin, so geballt dargestellt, dass ich so subjektiv denke: Es ist zu viel. Also die generelle Botschaft kommt rüber, aber es ist einfach zu viel. Es hat mich erschlagen. Und gleichzeitig kann ich an einige Elemente gut erinnern, die immer wieder auftreten. Dass aus einer Frau plötzlich ein Baum wächst oder so. Das habe ich als Symbol der Hoffnung in einigen Bildern gesehen. Ein Embryo. Es entsteht wieder etwas Neues, Friedenstauben drum herum und so. Auch einige Techniken. Die Schwarz-Weiß-Techniken fand ich zum Teil wesentlich expressiver als dieses bunte. Aber so insgesamt denke ich: Mir ist es zu viel, es ist mir einfach zu dicht. Und es ist unheimlich bedrückend. Weil es wiederholt sich ja. Wenn ich so denke: Indonesien 1965, Suharto, hieß der Typ, ne? Da kann ich auch ein bisschen verzweifeln und denken: Man, was hat sich seitdem wirklich global verändert. Man findet in ganz vielen Ländern Systeme, wo die einen Menschen die anderen unterdrücken. Dann wieder die globalen Zusammenhänge. Das Thema Klima, Umwelt. Es wiederholen sich immer wieder die Grundthemen der Menschheitsgeschichte, kann man sagen. Und immer aus besonderem Blickwinkel, je nachdem, wer halt stärker betroffen ist, keine Frage. So als Querschnittsthema ist das sehr deutlich geworden. Manchmal finde ich aber so etwas Punktuelles wie diese akustische Darstellung … finde ich fast noch intensiver, weil es so fokussiert ist. Da kann man trotzdem den Kreislauf unheimlich gut wahrnehmen, was der Mensch im Grund bewirkt. Obwohl er so viel weiß, zerstört er viel. Was sich die Natur dann wieder zurückholt. Oder eben das Thema der Altkleider. Das sind dann so fokussierte Sachen, die finde ich ganz gut gelungen. Ja, und Kunigundis, da habe ich gemerkt, da ist es gut, dass man anfangs doch so eine Grundinformation bekommt: Um welches Land geht es hier schwerpunktmäßig, was ist der geschichtliche Hintergrund. Das fand ich dann sehr informativ. Da konnte ich dann die einzelnen Skulpturen und Exponate nochmal bewusster betrachten. Das fand ich auf von der Location her unheimlich … das passte wirklich, weil da ja auch die katholische Kirche da einen enormen Einfluss in der ganzen Geschichte hatte. Also das hat mir sehr gut gefallen. Da war eben so ein Garten, da war ja dann, quasi, eine Erholung. Das hier [Hafenstraße 76], ich finde das eine total tolle Location. Da finde ich … also ich habe irgendwann abgebrochen, vielleicht bin ich auch einfach schon zu müde, habe schon zu viele Eindrücke gehabt. Und das, was da dieses chinesische Ehepaar zum Thema Wasser versucht hat darzustellen … weiß ich nicht. Und da habe ich dann gemerkt: Es reicht jetzt.
I: Und gucken Sie sich morgen noch was an?
F: Nein.
I: Wenn ich Sie nach Ihrer liebsten Kultur- und Freizeitaktivität fragen dürfte?
F: Durchaus Fahrradfahren, in die Natur gehen. Aber eben auch Musik, ganz viel Kultur betrachten, erleben, hören. Das ist so eine Mischung.