Im ruruHaus.
I: Was hast du denn gesehen – gerade, wenn du sagst, du warst die letzten beiden Tage hier?
F: Genau. Also ich war schon nochmal hier, so für den Rest. Ich habe so fast alle gesehen. Am Hübner-Areal, St. Kunigundis, dann war ich im Sanders-Haus, dann war ich noch in der documenta-Halle, im Fridericianum, und auf der Aue habe ich mir ganz viel angeguckt. Und auch generell ganz viel. Ich war auch im ruruHaus. Soll ich jetzt beschreiben, was da für Kunst hängt?
I: Eher was an Erfahrungen, Eindrücken hängengeblieben ist.
F: Das habe ich mir schon gedacht. Was ich total spannend fand, war diese Sinti und Roma, im Fridericianum, da war ein ganz großes Bild. Weil ich mich damit viel beschäftige. Das hat bei mir natürlich einen krassen Eindruck gemacht. Die Geschichte der Zigeuner, das war sehr beeindruckend, da reinzustöbern. Aber auch die arabische Welt, die arabischen Kunstwerke. Aber eigentlich eher so von Print, vom Gemalten. Ich habe das ja weniger verstanden, aber ich hatte das Gefühl, das ist auch so, dass ich da viel gefühlt habe. Ich fand auch das Social Kitchen-Projekt total gut, weil ich auch selber in dem Bereich gearbeitet habe, auch in dem Bereich Geflüchtete, das fand ich richtig cool. Auch – ich sage jetzt mal was, was etwas ungünstig ist, aber zum Beispiel, dass das Social Kitchen-Projekt, das basiert ja auf Spende, und direkt daneben waren halt die documenta-Preise [beim Bistro an der documenta-Halle], so 23 Euro versus Spendengericht, das hat irgendwie viel widergespiegelt vom sozialen Mehrwert von Kunst. Vielleicht auch gleich zum Thema Kapitalismus, weil das ganze Hallenbad Ost ja davon erzählt. Fand ich auch total spannend, habe ich mich auch in vielen Bildern wiedererkannt, weil ich Fashion Design mache und versuche, tatsächlich Upcycling zu machen, zu produzieren. Also, ich habe kein Label. Das fand ich witzig, da war so ein Bild, eine Frau mit einem Tiger in der Hand, so, Zebrastreifen in der Großstadt, da stand dann das Wort „Survive“, also „Überleben“. Das hat für mich ganz viel von diesem Image-orientierten, Marken-orientierten Denken gespiegelt, den Kapitalismus. Das ganze Hallenbad Ost, ich weiß gar nicht, ich könnte noch mehr Geschichten erzählen. Ich fand das super spannend jedenfalls, da habe ich ganz viel gesehen. Auch so der Spirit, den die Künstler mitbringen, alle eigentlich. Die ganze Welt zu verstehen. Es waren so viele Eindrücke, ich weiß gar nicht mehr.
I: Das war ja auch schon reichhaltig. Du hast gesagt, dass du Mode von dir hier präsentiert hast. Wie ist das zustande gekommen?
F: Tatsächlich bin ich schon seit drei Jahren in einem Workshop gewesen, Moving School heißt das, und dadurch, dass ich bei denen immer mal, nicht so oft, aber … haben die mich gefragt, ob ich bei der Modenschau mitmache. Wir kennen uns auch, wir haben auch schon ein paar kleinere Projekt zusammen … Dadurch, dass wir alle irgendwie für Slow Fashion stehen, sind wir alle am Aufbauen, und Gucken: Wie geht’s weiter? Nicht, dass wir eine perfekte Kollektiv-Bude sind. Aber wir hatten dann erst versucht, so als Kollektiv zu präsentieren. Das war schon auch eine coole Erfahrung.
I: Dann hat diese Aktion als gruppenbildend gewirkt?
F: Ja.
I: Netzwerk stärkend, für euch?
F: Naja, es wurde leider nicht so verstärkt.
I: Warum?
F: Ich weiß es nicht so genau. Ich glaube, es liegt auch an diesem Social Fashion-Aspekt. Ich muss zugeben, die finanziellen Mittel sind natürlich geringer als wären wir jetzt Designer, die überall auf der Welt produzieren. Es hat schon einen sehr sozialen, moralischen Wert. Wir hatten zwar auch Räumlichkeiten zur Verfügung, aber wir müssen schon immer schauen: Wo können wir hin? Wir hatten auch erst einen Laden, da hätten wir verkaufen können. Der wurde uns dann wieder genommen, weil ein anderes Projekt da rein sollte. Wir sind leider auf der Ebene einfach nicht so ganz ausgebaut. Weil die Menschen nicht so die Priorität auf „handmade“ und so setzen.
I: Es lag also eher an den Rahmenbedingungen hier vor Ort?
F: Ja.
I: Gibt es sonst noch Kultur- und Freizeitaktivitäten, die du gerne machst?
F: Ich muss ehrlich gesagt zugeben, dass ich persönlich bin eher jemand, der … ich würde es nicht Isolation nennen, aber ich bin sehr viel in der Natur. Bis darauf, hier und da mal Kaffee zu trinken, mich mit manchen Künstlern mal zu treffen … es wäre gelogen zu sagen, ich wäre total in der Kulturszene drin. Ich gehe immer mal wohin, wenn man mich einlädt. Und dann spüre ich mal da rein. Aber ich bin leider nicht … ich bin eher so in der Natur. Ich gehe mal ins Kino, mal ins Theater, wenn ein Freund, der ist Schauspieler, da auftritt. Ich denke auch immer, ich habe immer das Gefühl, das ist diese „alte“ Welt, alles, wo man so irgendwie hingeht. So diese typischen Ebenen, und frage mich auch immer: Habe ich die nie erschlossen? Das ist auf jeden Fall auch immer wieder ein Thema von mir, mich da mehr zu vernetzen, weil die Kunstszene ja auch von Vernetzung lebt.
I: Guckst du dir heute noch Sachen an?
F: Nee, wahrscheinlich nicht. Ich hatte jetzt dreimal das Ticket, heute ist nur Kaffee trinken, und die Party heute Abend. Ich war ewig nicht auf Partys, aber heute die Abschlussparty werde ich auf jeden Fall mitmachen.